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Hands-On: The Legend of Zelda - Skyward Sword
Preview von Tim Herrmann (mail) | 13.10.2011

Bewegungssteuerung ist überall und lässt die Videospielbranche wachsen wie selten zuvor: Nintendo trug sie mit der Wiimote in die breiten Massen, Sony und Microsoft etablierten dann ihre eigenen Systeme. Der grandiose Erfolg von Nintendos Konzept hatte aber auch seine Schattenseiten: Bei den traditionellen Fans ist das Wort Bewegungssteuerung mittlerweile fast so verpönt wie das Wort Minispielsammlung. Die Steuerung „über intuitive Gesten“ war drei Jahre lang (bis zu Wii MotionPlus) in den meisten Fällen gleichbedeutend mit einer ungenauen, lästigen Schüttelsteuerung, Spiele mit Pointer-Features einmal ausgenommen. Und ausgerechnet The Legend of Zelda, der heilige Gral der Nintendo-Jünger, soll nun mit Wii MotionPlus ganz um dieses (Un-?)Wort Bewegungssteuerung gestrickt werden.

25 Jahre hatte es die Traditionsserie mit Knöpfen durch die Jahrzehnte geschafft und nun müssen Spieler ihre Wii-Fernbedienungen schwingen, als hielten sie wirklich ein Schwert in der Hand – ein Stilbruch. Dementsprechend gab und gibt es viele Zweifler, die mit The Legend of Zelda – Skyward Sword partout nicht warm werden wollen: Zu bunt, zu fuchtelig, zu einfach, auf Einsteiger und Casual-Spieler zugeschnitten und nicht mehr das, was es einmal war, so die Befürchtungen. Die Skepsis ist groß, die Vorurteile auch – immer noch.

In Hamburg gab Nintendo uns jetzt die Möglichkeit, mehrere Stunden mit einer fast finalen Version des Spiels zu verbringen, über deren spätere Teile wir noch nichts verraten dürfen. Die Zweifel der Unüberzeugten spielten unterbewusst mit und für eben jene Zweifler – aber auch für alle anderen – wollen wir in diesem letzten Vorschaubericht vor dem großen Release die verschiedenen Kritikpunkte untersuchen – und die Bombe vielleicht entschärfen…

„Wääh, Nintendo, die Grafik ist schon wieder so kindisch bunt und sowieso hätte man das Spiel in HD auf Wii U herausbringen sollen“

Ja, die Grafik ist farbenfroh. Aber trotzdem ist The Legend of Zelda – Skyward Sword zeitweise ein recht düsteres Spiel. Die satten Farben werden nicht dazu verwendet, um permanent gute Laune und Sonnenschein auf den Bildschirm zu zaubern, sondern um eine bestimmte Stimmung zu vermitteln. Und die geht sowohl in die eine als auch in die andere Richtung: Der Wolkenhort, Links übrigens überraschend große Heimat, ist mit seinem blauen Himmel und seiner Friedefreudeeierkuchen-Welt fröhlich und freundlich. Betritt der Held allerdings den ersten Tempel, umgeben von grauer Schummrigkeit, bedrückender Tonkulisse und kahlen Steinwänden, schlägt das Ganze schnell in die andere Richtung um.

Auch bei Artstyle und Gegnerdesign gilt dieses Prinzip: Plumpe Schweinegegner sind naturgemäß recht lustig und in grellen Farben gestaltet, während Endbosse wie Fürst Ghirahim mit ihrer blassen, dunklen Aura geradezu gruselig wirken. Wo viele Spiele in diesen Zeiten auf immer mehr Realismus setzen, sondert sich Nintendo bewusst ab und stilisiert die Optik, um Stimmungen etwas subtiler und ohne gigantische Effektspektakel inszenieren zu können.

Damit landen gleich zwei Fliegen unter der sprichwörtlichen Klappe, weil der Artstyle auf der technischen Ebene auch die eine oder andere Hardware-Schwäche kaschieren kann. In der Ferne verschwimmen Formen und Konturen zu Farbflecken, die wie mit dem Pinsel getupft aussehen. Die technische Achillesferse lässt mehr Weitsicht nicht zu, wurde hier aber geschickt in einen grafischen Effekt umgemünzt. Manchmal gibt es trotzdem Stellen, wo der Verwischeffekt schon in naher Distanz auftritt, was dann erst einmal negativ auffällt. Doch das ist wirklich die absolute Ausnahme. Die grafischen Elemente und Ideen in The Legend of Zelda – Skyward Sword sind optimal aufeinander abgestimmt und insgesamt durchgestylt bis zur Perfektion, die Animationen butterweich und Effekte rund um Link herum auf dem höchsten Niveau, das diese Konsole bisher kannte.

In dem Zusammenhang sollten auch die weiter gestiegenen Production Values Erwähnung finden: The Legend of Zelda wird immer opulenter und hochwertiger. Herrliche gesungene Melodien oder eine erhöhte Dichte an toll in Szene gesetzten Zwischensequenzen sind dafür nur ein Beispiel.

„Wääh, Nintendo, ich will nicht ständig aufstehen und mit den Controllern fuchteln, um zu spielen“

Tja, Pech gehabt. The Legend of Zelda – Skyward Sword ist ein anderes Zelda und bewegt sich spielerisch auf neuen Wegen, die man bisher noch nicht kannte. Abstellen kann man die 1:1-Steuerung nicht, entweder man nimmt sie an und findet sich ein oder man boykottiert den Titel.

Aber entwarnen kann man auch: Dimensionen von Red Steel 2 nimmt Zelda – Skyward Sword nicht an, Aufstehen ist also keine Pflicht und Ermüdungserscheinungen nicht zu befürchten. Anders als Ubisofts Schwert-Shooter kommt es bei Zelda nur auf die Schwungrichtung des Schwerts an, nicht aber auf die Intensität des Schwungs. Man kann also durchaus auch bequem sitzen bleiben und muss keine raumausfüllenden Schläge ansetzen, um Gegner zu verletzen. Ein flotter Schwung aus dem Handgelenk reicht im Prinzip schon – nur aus der richtigen Richtung muss er kommen. Wer aufstehen will, unterstützt damit natürlich sein ganz persönliches Spielgefühl, aber wirklich notwendig ist das anders als bei anderen MotionPlus-Spielen nicht. Damit ist The Legend of Zelda - Skyward Sword auch ein Spiel, das man ohne Schweißausbrüche mehrere Stunden am Stück spielen kann - keine Sorge.

Die Steuerung stellt Spieler vor eine neue Herausforderung und es ist nicht abzustreiten, dass es einiger Eingewöhnungszeit bedarf, bis man richtig mit dem Schwert umzugehen versteht. Es dauert ebenfalls einige Zeit, bis man herausfindet, wie die Steuerung genau tickt, und bis man sich das obligatorische Schütteln abgewöhnt hat. Dann merkt man aber schnell, dass die neue Steuerung butterweich von der Hand geht und dem Spiel einen Mehrwert gibt, der die Serie auf eine neue Ebene hebt.

Gegner im Spiel sind zwar sparsam mit ihren Angriffen, verteidigen sich aber dafür hartnäckig und weichen geschickt aus. Der Spieler muss herausfinden, wie man sie am besten erwischt. Er kann sie mit Schwertbewegungen verwirren und so in eine trügerische Deckung locken, im Sprung angreifen oder coole Finishing-Moves ausführen, wenn die Kontrahenten am Boden liegen. Erst mit der Zeit lernt man Verteidigungsmuster und Schwächen kennen und wird dann immer besser darin, sie zu durchbrechen.

Nintendo ist beim Kämpfen eine tolle Lernkurve gelungen: Am Anfang nervt es, wenn man schlägt und ständig geblockt wird oder nur gähnende Leere trifft. Doch dann findet man plötzlich den Trick und diese eine Schwäche und ruckzuck kann man die Kontrahenten dann aus dem Weg fegen, als würde man wie früher dreimal A oder B drücken. Das gibt dann eine ganz besondere Befriedigung: Man hat den Gegner wortwörtlich geknackt und ihn nicht einfach beiläufig weggeräumt.

Auch die Steuerung der Items funktioniert ganz über Wii MotionPlus. Zwar ist fraglich, ob es nicht einfacher gewesen wäre, bei Schleuder oder Bogen weiterhin mit dem Pointer zu zielen, aber auch das Anvisieren über die Bewegungssensoren funktioniert gut und eine Zentrierung ist durch einfachen Knopfdruck immer möglich, falls man sich einmal ungünstig verrenkt hat und so nicht weiterkommt.

„Wääh, Nintendo, die Wolkenlandschaft ist so langweilig und leer wie der Ozean in The Wind Waker“

Der Himmel ist sozusagen die Oberwelt und tatsächlich gut vergleichbar mit dem Ozean aus The Wind Waker. Ihr erreicht schwebende Inseln und Ziele am Boden nur, indem ihr sie aus dem Himmel heraus ansteuert. Lobend zu erwähnen ist dabei Links fliegender Untersatz. Der rote Vogel ist zackig schnell und erfrischend wendig, die Epona der Lüfte. Vergessen sind die Zeiten von langsamem Umherschippern auf dem Ozean mit Windabhängigkeit.

Eine zusammenhängende Oberwelt unter den Wolken gibt es aber nach jetzigem Wissensstand nicht. Alle Levels sind lediglich über den Himmel miteinander verbunden und insofern gewissermaßen auch Inseln wie in The Wind Waker. Skyward Sword macht aber eines anders – oder: besser – als seine Vorgänger. Man springt nicht einfach ständig von Dungeon zu Oberwelt zu Dungeon, sondern hat auf der Erde so einiges zu erledigen, bevor es in den Tempel geht.

Jeder Dungeon kann erst erreicht werden, wenn man davor eine Art Vorlevel durchquert und gemeistert hat. Im Falle des ersten Tempels sind das beispielsweise die Wälder von Phirone. Hier gilt es, einen Weg in den Tempel zu finden und vielleicht auch noch einigen einheimischen Kreaturen wie z.B. den fluffigen Kyu zu helfen. Dabei stellen sich dem Spieler Rätsel(komplexe) und Gegner in den Weg, wie man sie auch in traditionellen Dungeons finden könnte. Spielerische Abwechslung ist da zur Genüge gegeben. Jedes dieser Vorlevels dauert mindestens eine Dreiviertelstunde, danach geht es in den Tempel, der gewöhnlich länger dauert. Erst dann führt der Weg zurück in die Wolken, von wo aus die nächsten Ziele angesteuert werden können. Fliegen und speichern kann man immer an bestimmten Speicherstatuen, die recht großzügig verteilt sind und später auch als Warp-Punkte dienen.

„Wääh, Nintendo, der letzte Abschnitt hört sich ja so an, als wäre das alles total linear“

Das hört sich in der Tat so an und The Legend of Zelda – Skyward Sword macht in Teilen wirklich einen lineareren Eindruck als seine Vorgänger, indem es die isolierten Vorlevels vorgibt und zu Beginn erst einmal nach einem recht festen Schema vorgeht, von dem man kaum abweichen kann. Das muss man so erst einmal nüchtern festhalten. Doch schon nach den ersten ca. fünf Spielstunden merkt man, dass dieses Schema nicht in Stein gemeißelt ist. Erstens habt ihr immer die Möglichkeit, den Himmel und seine zahlreichen schwebenden Geheimnisinseln zu erkunden. Und zweitens findet man beim Durchstreifen der Vorlevels verschiedene verdächtige Objekte, die sich dem Zugriff des Spielers noch verwehren. Später wird man mit neuen Fähigkeiten und Items im Gepäck wiederkommen müssen, um hier Extras oder entscheidende Elemente für den weiteren Spielverlauf zu finden. Wie weit dieses Backtracking mit fortgeschrittener Spieldauer noch gehen wird, muss die Vollversion zeigen.

„Wääh, Nintendo, das ist bestimmt alles viel zu einfach und auf Casuals zugeschnitten!“

Nein. Natürlich leitet Nintendo nach wie vor sehr ausführlich in das Spielgeschehen und die Gameplay-Mechaniken ein und nimmt nicht zu schnell Tempo auf, um auch alle mitzunehmen. Doch die Furcht vor verweichlichten Dungeons könnt ihr getrost ablegen. Zumindest der Bruchteil des Spiels, den wir gesehen haben, macht nicht den Eindruck, als stünde er seinen Serienbrüdern in irgendetwas nach: Im Gegenteil, Skyward Sword scheint dem Spieler eher mehr Erkundung abzuverlangen und kniffliger zu sein - und zwar nicht nur schwieriger als Twilight Princess, was nicht sonderlich schwer wäre. Auch die Gegner sind nicht zu unterschätzen. Dass sie sich hartnäckig verteidigen, wurde bereits erwähnt. Aber sie stecken auch recht viele Treffer ein und müssen gezielt ausgetrickst werden. Wer das nicht schnell genug schafft und seine Zeit damit verbringt, ins Leere zu schlagen, verliert kostbare Herzen (am Anfang sind es 6) schneller, als ihm lieb ist. Ob es Hilfevideos wie in so vielen Nintendo-Spielen zuvor geben wird, ist noch nicht klar. Fest steht allerdings, dass der Schwertgeist Phai jederzeit mit Rat und Tat und besonders mit Statistiken zur Seite steht.

Fazit:
Auf eines sollte man sich einen Monat vor Release einstellen: The Legend of Zelda – Skyward Sword ist ein durchaus ungewöhnlicher Serieneintrag, der mit seinem Gameplay die bekannten Pfade verlässt und mehr Neues ausprobiert als alle seine Vorgänger. Wo sich die letzten Teile hauptsächlich durch Szenario und Geschichte und weniger durch Gameplay-Mechaniken unterschieden haben, wagt Skyward Sword die allumfassende Bewegungssteuerung, die das ganze Spiel maßgeblich verändert und für sich vereinnahmt. Die butterweiche 1:1-Schwertsteuerung erfordert einige Übung und Eingewöhnungszeit, ermöglicht dafür aber auch Spielelemente, die die Serie bisher nicht kannte. Auch der Spielablauf auf neuerdings mindestens drei Ebenen (Himmel, Erde und schwebende Inseln) ist ungewöhnlich, der Grafikstil wird nicht alle zum Schwärmen bringen. Bei alldem steht aber eines im Vordergrund: Skyward Sword ist immer noch ein The Legend of Zelda. Die dichte Atmosphäre, das intelligente Level-Design, der durchfrisierte und technisch exzellente Artstyle und die liebevoll und hochwertig gestaltete und inszenierte Spielwelt verheißen einen Titel, der dem kleinen weißen Kasten die Krone beziehungsweise das Triforce zum Ende seiner Lebenszeit vielleicht noch aufsetzen kann.

Von Tim Herrmann
WiiX Wertung
Prognose Super!



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