Editorial von (mail) | 21.02.2007
„Tempori aptari decet“, formulierte der römische Staatsmann und Philosoph Lucius Annaeus Seneca einst. „Man muss sich der Zeit anpassen“. Und während die Welt nach immer neuen Ideen und technischen Prunkstücken schreit, versuchen viele (Spiele-)Entwickler diesen Fortschrittsdruck mit immer irrsinnigeren Hightech-Finessen zu kompensieren. Immer realistischere und brillierende Grafikpracht, bombastischere Soundwelten verpackt in riesige, digitale Abenteuersphären. Dass solch Technikwahn auch seinen Nachteil haben kann, sieht man nicht zu letzt an der Software-Trockenperiode für Microsofts X-Box 360, sondern auch an dem enormen Preis für Sonys PS3 (599€), die von vielen Experten schon jetzt als nicht massenmarktkompatibel angesehen wird.
Heute befindet sich der GameCube in etwa in der gleichen Lage wie einst der römische Philosoph Seneca, welcher damals ohne Anklage zu seinem Tode gezwungen wurde. Mit Harvest Moon, Super Paper Mario und natürlich dem neuen Zelda-Ableger, erwarten uns zwar noch 3 neue Titel, in der Praxis ist der GameCube aber bereits tot. Die letzten Mario Smash Football-Konsolenbundles vegetieren vor sich hin und die letzten Softwaretitel finden sich inzwischen zusammengescharrt in einer Ecke, um Platz für neuere Softwaretitel anderer Hersteller zu machen.
Wenn man so will, dann ist es zweifelsfrei ein ruhiger Tod. Kein Applaus, jedoch auch keine große Trauer. Wir Redakteure sehen das ein wenig anders. Zwar schauen wir mit ungetrübtem Blick in die Wii-Zukunft, doch allein schon wegen der vielen schönen Stunden, die uns der GameCube seit 2002 (In Japan schon 2001) bescherte, schauen wir einmal zurück auf die letzten Jahre und lassen den Würfel noch einmal rollen.
Vor mehr als 4 Jahren fing alles an. Am 3. Mai 2002 erschien der GameCube mit einem großen Softwareaufgebot. Ca. 20 Titel wurden dem kaufwilligen Spieler zur Auswahl gestellt (Zum Vergleich: Das N64 hatte beim Europa-Start im März 1997 nur 3 Launchtitel!). Neben Nintendo-Hits wie Luigi’s Mansion oder Wave Race legten sich auch die Third-Party-Entwickler ins Zeug. Spiele wie Star Wars: Rogue Leader mit seiner damals fulminanten Grafik oder Super Monkey Ball, mit dem mehr als interessanten Spielprinzip. Zwar lag schon der große Schatten des anstehenden Sommerloches über dem Konsolen-Launch, doch zwei Wochen nach dem Launch zündete Nintendo mit Super Smash Brothers Melee seine erste Software-Bombe. Das Spiel wurde zum System-Seller, durchbrach die 3-Millionen-Grenze und ist heute mit weltweit 6.05 Million verkauften Exemplaren das erfolgreichste GameCube-Spiel. Allerdings sollte das Gute nicht lange währen. Schon bald wurde bekannt das Entwicklerschmiede Rare (Damals für die Softwarekracher Banjo & Kazooie, Diddy Kong Racing, Conker´s Bad Fur Day, Perfect Dark und Jet Force Gemini auf dem N64 bekannt) zu Konkurrenz Microsoft wechseln sollte. Perfect Dark Zero wurde gecancelt, Star Fox Adventures (Ehemals Dinosaur Planet für N64) wurde als Abschiedstitel gefeiert. Im Folgejahr zündete Nintendo hingegen eine Software-Bombe nach der anderen. Metroid Prime läutete das neue Nintendo-Jahr im März ein und am ohnehin bereits prominenten Launchdatum 3. Mai erschien passend zum Geburtstag des Würfels The Legend of Zelda: The Wind Waker. Im Laufe des Jahres folgten dann unter anderem noch die Kracher Soul Calibur 2, in dem Link einen Gastauftritt innehatte, sowie Mario Kart: Double Dash!! und F-Zero GX. Zudem wagte der GameCube mit „Phantasy Star Online“ von Sega einen zarten Schnupperkurs in die Online-Welt und sinnvolle Hardware-Addons wie der Game Boy Player machten die Konsole interessanter.
Der GameCube auf seinem Höhenflug. Viele Titel wie zum Beispiel Metroid Prime oder Pikmin bekamen eine gelungene Fortsetzung spendiert und ganz besonders Capcom beglückte die Cube-Besitzer. Sämtliche Teile der berühmten Survival-Horror-Serie Resident Evil erschienen als Remake für den GameCube und alle warteten, nach dem guten und ebenfalls exklusiven Resident Evil Zero, gespannt auf den vierten Teil, welcher am Ende Traumwertungen kassierte und endgültig das Klischee der „Kiddie-Konsole“ beiseite räumte.
Leider begann danach der langsame Fall. Immer weniger Spiele erschienen, in den Sommermonaten gab es Passagen, in denen nur ein Spiel auf 4 Wochen verteilt erschien und das Augenmerk lag bereits merklich auf dem Nintendo DS, der sich in Japan bereits mit großen Schritten ankündigte. Tod war der GameCube zwar noch nicht (Nintendo legte mit Titeln wie Fire Emblem, Battalion Wars, Odama oder Mario Party 7 noch nach), aber die Tendenz war mehr als deutlich. Auch bei Nintendo machte man sich Gedanken über die anstehende, neue Konsolengeneration, denn der GameCube würde gegen PS3 und X-Box 360 nicht bestehen können. So präsentierte man mit dem „Revolution“ Nintendos Konzept für die neue Generation. Am Schluss besagter Pressekonferenz dann die Überraschung für alle GameCube-Besitzer: Nintendo kündigt ein neues Zelda-Spiel in Real-Grafik an. Nach einigen Verschiebungen nun mit dem Release „Ende 2006“ versehen, werden wohl viele Cube-Besitzer noch ein letztes mal den Gang zum Videospielhändler des Vertrauens antreten. Vielleicht mit einer kleinen Träne im Auge – oder einem Grinsen, weil sie den Wii gleich mitkaufen. Der soll nämlich termingleich zum besagten, letzten GameCube-Titel erscheinen.
Und da Wii zudem abwärtskompatibel zum Würfel ist, handelt es sich nicht einmal um einen richtigen Abschied. Geklatscht werden darf trotzdem zum Abschied. Wir in der Redaktion tun es, lassen unseren Gedanken einmal freien Lauf – und teilen sie mit euch. Nachfolgend drei aus unserem Reigen mit ihrem ganz persönlichen Fazit:
L.Peterke meint:
„Der GameCube war nach dem Nintendo 64 der ultimative Einstieg meinerseits in die Welt von Nintendo. Alles begann eines sonnigen Nachmittages mit Luigi’s Mansion und mittlerweile schmücken knappe 40 Spiele mein Regal. Überhaupt war der Cube ein interessantes Stückchen Hardware. Zum einen war er eine Partykanone (Spiele wie Smash Brothers oder Donkey Konga belegen dies) und zum anderen ein schönes Stück für Solo-Spieler (Metroid Prime, Tales Of Symphonia und natürlich Zelda).
Mein Favorit auf dem GameCube ist natürlich Zelda: The Wind Waker. Es gab kein Spiel wo ich mit solch einer Sucht vorgesessen habe. Potentieller Ablöser hierfür ist dann bald Zelda: Twillight Princess. Als Metroid-Fan liebe ich zudem die Prime-Serie und der Survival-Horrorfan in mir die vielen Resi-Remakes und Resident Evil 4, welches allen Kritikern, die den GameCube schon für eine „tote Kinderkonsole“ hielten, eines Besseren belehrte. Wenn ich nun also an den Wii denke, dann ist der GameCube für mich quasi „die Krönung des normalen Gamings“. Ich denke mit Freuden daran zurück, wie oft man mit 3 Freunden vor dem Fernseher saß. Ebenso bewies Nintendo auf dem Cube erstmals, dass sie ihr eigenes Ding machen und damit Erfolg haben. Ich denke hier an Pikmin oder aber auch an Spiele von Third Party-Entwicklern wie zum Beispiel Killer 7 von Grashopper oder Metal Gear Solid Twin Snakes als Kooperationsprojekt von Konami und Nintendo mit dem Entwicklerteam Silicon Knights.
Natürlich bin ich aber auch Enttäuscht. Viele Softwareanbieter unterschätzten den GameCube ganz einfach und zum jetzigen Zeitpunkt haben wir einen Ladenhüter, der nur noch auf Grund von Zelda: Twilight Princess seine Daseinsberechtigung innehat. Ich sag' trotz Allem "Danke GameCube, hat Spaß gemacht!"“
K.Witecy findet:
„Die GameCube Ära war für mich eine sehr spezielle und auch schöne Zeit, weil ich diese mit Abstand am intensivsten miterlebt habe. Durch die Anschaffung eines Internetanschlusses im Vorfeld des GameCube Release, war ich von Anfang an immer auf dem aktuellsten Stand und habe den Start der Konsole somit in einer vollkommen anderen Art und Weise miterlebt. Glücklicherweise bin ich auch schon zu diesem Zeitpunkt relativ früh auf GameCubeX gestoßen. Mit GameCubeX habe ich eine sehr humorvolle, aber vor allem auch angenehm freundliche und hilfsbereite Community kennen gelernt, die mir so ans Herz gewachsen ist, dass ich sie kaum noch missen möchte. Mit der Einstellung als Redakteur bei GameCubeX habe ich weiterhin viele neue Erfahrungen gemacht und einen Eindruck davon bekommen, wie der Alltag eines Redakteurs aussehen kann. Auch Bekanntschaften die ich so wohl kaum gemacht hätte, gehören zu meinen positiven Erlebnissen in Bezug auf die GameCube Ära. Aber natürlich ist die Zeit nicht nur von solchen persönlichen Erlebnissen und Empfindungen geprägt. Trotz der vielen Kritiken die der GameCube in Sachen Softwaresupport einstecken musste – und die teils auch definitiv angebracht sind – muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich mit dem Softwareangebot des GameCubes insgesamt zufrieden war. Dabei hat sich der GameCube auch für mich als absolute Multiplayerkonsole herausgestellt. Ich weiß nicht auf welcher anderen Videospielplattform ich solange und soviel im Multiplayermodus mit Freunden gedaddelt habe, wie mit dem GameCube. Mit absoluten Multiplayergranaten wie Super Smash Bros. Melee, Mario Kart: Double Dash!!, Mario Power Tennis, Super Monkey Ball, Donkey Konga, Mario Smash Football oder den Mario Party Teilen war es auch nicht allzu schwer, immer wieder für neue „Zockerabende“ zu begeistern. Aber nichts desto trotz möchte ich auf keinen Fall behaupten, dass der GameCube eine reine Multiplayerkonsole ist und nur in diesem Gebiet einiges auf dem Kasten hat. Im Gegenteil. Meine absoluten Spielehighlights mit The Legend of Zelda: The Wind Waker, Resident Evil 4, Metroid Prime, Super Mario Sunshine und F-Zero GX sind alle, bis auf den letztgenannten, reine Singleplayer Spiele, die mich mehr als nur gefesselt haben. Als absoluter Zelda Fan bleibt aber The Legend of Zelda: The Wind Waker mein GameCube Favorit, wobei ich Zelda: Twilight Princess nicht mehr dazu zählen möchte, weil ich diesen absoluten Ausnahmetitel auf dem Wii genießen werde.
Natürlich bin ich mir aber auch der Fehler Nintendos in Bezug auf den GameCube bewusst, die vor allem im viel zu laschen Marketing und dem mangelnden Engagement Third-Party Entwicklern gegenüber lag, was dazu führte, dass der GameCube zu früh einen mangelhaften Softwaresupport bekam und somit einen unverdient schlechten Abgang erlebt. Nichts desto trotz möchte ich abschließend sagen, dass ich den Kauf der Konsole nicht bereue, dankbar für meine, in dieser Zeit gemachten Bekanntschaften und Erfahrungen bin und mich schon sehr auf Nintendos innovative Nachfolgekonsole Wii freue. Außerdem würde ich mir sehr wünschen, dass all diejenigen die uns schon mit GameCubeX so unterstützt haben auch unserem Nachfolgeprojekt nicht fern bleiben und unserer Community treu bleiben. Und immer schön daran denken: playing = believing!
A.Held über den Cube:
„Als der Nintendo Gamecube vor vier Jahren, auf den Tag genau an meinem 16. Geburtstag, auf den Markt kam, beging ich den wahrscheinlich größten Fehler meines Videospielerlebens. Das Geld hatte ich mir anlässlich meines Geburtstags bei diversen Omas zusammengeschnorrt, ging zum Fachhändler und... kaufte mir eine XBox. Was mich damals dazu geritten hat, einen Preis für die Xbox zu löhnen, für den ich den Cube inkl. des gesamten Launch-Lineups bekommen hätte, weiß ich bis heute nicht. Doch die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort und bereits 6 Wochen später schaute ich frustriert auf die vollkommen uninteressante Releaseliste in den Xbox-Magazinen, und noch frustrierter auf das geniale LineUp des Cubes. Ich verkaufte die Xbox also wieder für einen Bruchteil des Neupreises, was aber immer noch für einen Cube inkl. Memory Card und Super Monkey Ball reichte.
SMB war dabei ein sehr ungewöhnliches Spiel, stand aber genau für das, was ich am Gamecube so mochte: ausgefallene Spielideen, die auf keiner der beiden anderen Konsolen eine Chance gehabt hätten, und auf dem Gamecube sogar zu Hits wurden. Mein zweites Spiel, Super Smash Bros. Melee, haute in die selbe Kerbe und diese beiden Titel reichten völlig für wochenlangen Spielspaß. Doch auch andere sehr gute Launch-Titel, wie Luigi's Mansion, Virtua Striker 3 oder Sonic Adventure 2 sollten nicht vergessen werden. Fast schon ironisch war, dass der allergrößte Teil der wirklich guten Titel damals von Sega gestellt wurde.
2003 konnte der Cube allerdings richtig aufdrehen. Im selben Jahr erschien mit Dark Chronicle zwar auch das beste PS2-Spiel überhaupt, dieses ging aber in der Masse der in diesem Jahr erschienenen Cube-Titel fast schon unter. Zum einen erschien mit Skies of Arcadia Legends das beste RPG aller Zeiten, mit einer genialen Story und einem epischen Umfang von 65 Stunden. Skies of Arcadia war gleichzeitig das erste Spiel, welches ich für GCX testete, damals noch als normaler User der einfach mal bei der Redaktion angefragt hatte, und nur aus Gründen der objektivität habe ich dieses Spiel nicht mit 99% bewertet. Mit F-Zero GX, dem schwersten Spiel das ich jemals durchgespielt habe, und dem für mich besten Spiel aller Zeiten, Zelda: The Wind Waker, gab es dann sogar 2 Titel, die Skies of Arcadia noch toppen konnten. Retro Studios' Meisterwerk Metroid Prime und die Multiplayer-Granate Beach Spikers gingen da schon fast unter.
Ab 2004 flachte der Support des Cubes dann leider schon ab, und es waren sicherlich mehr als 80% der Spiele, welche ich kaufte, für die Playstation 2. Aber wenn dann mal ein Spiel für den Cube kam, konnte ich fast immer sicher sein, lange beschäftigt zu werden, und besser als es auf der Sony-Konsole jemals möglich wäre. Tales of Symphonia, Paper Mario 2, Pikmin 2, Donkey Konga, Animal Crossing, Mario Smash Football, Geist und Fire Emblem: Path of Radiance waren mehr als sehr gute Spiele, die jeden belohnten, der trotz des Quantitativ mauen Supports am Gamecube festhielten. Natürlich war man auch am Cube nicht vor schlechten Spielen sicher; Square-Enix quälte uns mit der Extremgurke Final Fantasy: Crystal Chronicles, EA hatten ihre Finger im Spiel und selbst Spiele wie 3 Engel für Charlie oder Driven schafften es auf den Cube. Trotzdem dürfte Nintendos letzte gewöhnliche Konsole von der Durchschnittlichen Qualität der Spiele her die mit Abstand beste Konsole aller Zeiten sein. Und das nicht zuletzt deshalb, weil einige der besten Spiele überhaupt auf eben dieser Konsole erschienen sind.“
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